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Eine Weihnachtsgeschichte

Vor ca. 2000 Jahren lebten einmal 3  Wissenschaftler: Ein Astronom, ein Historiker und ein Psychologe.

Sie folgten einer seltsamen Naturerscheinung, einem Kometen.

„Ich hatte da einen seltsamen Traum ...“, sagte der .Psychologe. Der Historiker stimmte ein: „In einer alten Schrift wird von so einem Stern berichtet ...“. „Er bewegt sich langsam in Richtung Westen“, fügte der Astronom hinzu, „wenn wir zu Sonnenaufgang aufbrechen, werden wir ihn nicht aus den Augen verlieren“.

 

Eines Tages kamen sie in eine Stadt.

Schon am Stadttor wurden sie vom Bürgermeister empfangen: “Herzlich willkommen Fremde! Ihr wurdet uns schon angekündigt. Sicher habt Ihr viel zu berichten. Der Magistrat hat mir aufgetragen, Euch zu unserer Bürgerversammlung heute Abend einzuladen. Wir würden uns sehr geehrt fühlen, wenn Ihr ein paar Worte an uns richten würdet.“

Der Saal war berstend voll.

Der Bürgermeister sprach einleitende Worte: „Wie ihr alle wisst, haben wir heute hohen Besuch. Drei Gelehrte aus dem Osten sind auf der Durchreise in unsere Stadt eingekehrt. - Darf ich die Herren bitten ....“

Gewohnt, das wesentliche auf eine kurze Formel zu bringen, begann der Naturwissenschaftler (Astronom): „Wir sind auf der Suche nach dem Frieden!“

Ein Gemurmel geht durch den Saal.

„Genauer gesagt, wir folgen dem Stern“, fügte der Historiker hinzu, „über den Euch unser Freund der Astronom sicher noch einiges zu berichten weiß.“

„Das ist interessant“, mischte sich ein Ratsbürger ein, anscheinend ein Fachkollege des Astronomen, „auch wir beobachten den Stern. Wir kennen seine Winkelgeschwindigkeit. Nur die Entfernung bereitet uns Schwierigkeiten. Habt ihr Messdaten aus eurer fernen Heimat bei euch? Man könnte die Bahn genauer bestimmen!“

„Da müssen wir Euch leider enttäuschen“, antwortete der Historiker“, der Stern zeigt uns den Weg zu einem Ort, von dem in einer Verheißung gesagt wurde, es wird ein König geboren und er wird Friede heißen.“ „Wer mit uns kommen will, ist gerne eingeladen“, fügte der Astronom hinzu.

„Aufbrechen, jetzt“ raunte die Menge, „einer Illusion nachreisen?“ Undenkbar!“

„Von uns wird wohl keiner Zeit haben“, entschuldigt sich der Bürgermeister, „die Geschäfte gehen gut, seit die vielen Fremden in die Stadt kommen.“ - „Wer sorgt für die Kranken?“ ergänzte der Apotheker.

„Der Frieden ist eine Utopie“, stellte ein Verhaltensforscher fest, „es wird immer Frieden und Krieg geben, das liegt in der Natur der Dinge.“

 

Als sie am nächsten Morgen aufbrachen, zog niemand mit ihnen. Nur einige Kinder und Jugendliche sahen ihnen sehnsüchtig nach: „Durch fremde Länder ziehen, das Ungewissen wagen, das wäre was für uns!“

Eines Abends, als der Astronom wieder seine gewohnten Messungen mit dem Sextanten durchführte, verkündete er freudestrahlend: „Die Geschwindigkeit unseres Sternes hat sich in den letzten Tagen deutlich verringert. Wir sind bald am Ziel!“ - Und schon wenige Tage später: „Ich habe die ganze Nacht kein Auge zu getan. Die Winkelgeschwindigkeit ist gleich Null. Er bleibt über der Stadt dort hinten stehen.“

Gespannt vor Erwartung erreichten sie die Siedlung. „In Eurer Stadt muss in dieser Nacht etwas großartiges geschehen sein“, fragte der Historiker einen Passanten. „Wir erleben jeden Tag Überraschungen, seit die vielen Fremden da sind. Ich wüsste nichts, was für Euch von Bedeutung sein könnte“, antwortete der Gefragte und eilte davon.

Unermüdlich fragten sie weiter.

„Versuchen Sie sich zu erinnern“, flehte der Psychologe eine ältere Frau an, „irgend etwas außergewöhnliches muss gestern Nacht passiert sein.“

Die Frau überlegte: „Da wird in unserer Stadt geredet, dass im Stall des Gasthofes ein Kind geboren wurde, von einem Paar, das nicht mal einen Trauschein besitzt. - An sich nicht so außergewöhnlich, aber seltsam ist, dass der Mann behauptet, nicht der Vater zu sein und trotzdem seine Frau nicht verachtet. - Und die Leute, die dies erzählen tun so, als ob dieses Kind etwas besonderes wäre.“

Eilig machten sie sich auf den Weg zum Stall. Gemeinsam betrachteten sie das Kind: Der Astronom, der Geschichtsforscher, der Psychologe und einige Arbeiter und Bauern aus der Umgebung. Keiner sprach ein Wort, doch alle wussten es: In dieses Kind hat Gott die Macht des Friedens gelegt. Es wird eines Tages der Welt beweisen, Frieden ist erreichbar.

 

Den amtierenden König plagten jedoch andere Sorgen. Die Staatseinnahmen reichten nicht mehr aus, wichtige Aufgaben zu finanzieren. Auch die steigenden Beiträge an die Schutzmacht des Kaisers von Rom belastete den Staatssäckel immer mehr. Anderseits mogelten sich viele an der Steuer vorbei, indem sie ihr Gewerbe nicht ordentlich anmeldeten. Aus diesem Grund führte er eine Volkszählung durch.

„Die Beamten leisten gute Arbeit“, lobte der König, „die Steuereinnahmen werden beträchtlich steigen.“  -  „Die Leute sagen ein König sei geboren“, bemerkte seine Frau, „ein Friedensfürst!“  -  „Frieden, Frieden, Frieden ,...., wer möchte keinen Frieden“, tobte der König. „Haben wir nicht seit Jahrzehnten Frieden? Selbst der Kaiser setzt seine ganze Macht für den Frieden ein!“

„Und was ist mit den Sklaven?“ fragte seine Frau. „Die sind selber Schuld an ihrer Lage! Diese Analphabeten können gar nicht frei und selbständig existieren. Verstehst Du nicht! Ohne Ordnung kein Frieden!  -  Ein König sagen sie? Diese Friedensnarren sind gemeine Aufrührer. Ich muss etwas dagegen unternehmen, es darf keinen Gegenkönig geben, oder willst Du, dass es hier im Lande wieder von römischen Legionen wimmelt? Bürgerkrieg bedeutet dies!“

„Es soll ein Knabe sein, hörte ich“, erinnert sich der König, „einer unter Hunderten, in den vergangenen Wochen geboren. - Da gibt es nur eine sichere Lösung!“

„Das kannst Du nicht machen!“ flehte die Frau den König an, „die unschuldigen Kinder!“ Der König antwortete drohend: „Hier geht es um eine Entscheidung von größter Bedeutung. Es geht um die Einheit, ja um die Existenz unseres Volkes. Was bedeuten schon ein paar hundert Kinder gemessen an der Entwicklung einer ganzen Region? Selbst wir sind nur kleine Rädchen in der Geschichte des Reiches. Schon morgen kann uns der Kaiser hinweg fegen, wie eine lästige Fliege!“

 

Das Unheil nahm seinen Lauf. Den Frieden konnten die Knechte des Königs aber nicht finden und schon gar nicht töten. Er wuchs heran, stolz und prächtig. Und Tausende sahen ihn, einige folgten ihm.

 

Noch heute, 2000 Jahre später, sind viele auf der Suche nach dem Kind, das Frieden heißt. Doch nur wenige finden zur Krippe ....