Krieg aus christlicher Sicht

von Adelheid Cramer v. Clausbruch

gefunden bei jesus-online.de

 

Warum lässt Gott diese vielen Kriege zu? Ist es möglich, dass

Kriege zu Gottes großem Plan für die Menschen gehört?

Ich meine, durch jeden Krieg hat sich doch auch vieles verbessert

 

Ich möchte bei diesem Thema auf die drei folgenden grundsätzlichen Fragen eingehen:

1. Ist kriegerisches Töten unter bestimmten Bedingungen erlaubt?

2. Darf die Menschheit aus moralischen Gründen Krieg führen?

3. Kann die weltpolitische Entwicklung einen Krieg im Nachhinein rechtfertigen?

 

Auf diese Fragen gibt es unter Christen garantiert keine übereinstimmenden Antworten. Ich will darum ganz persönlich antworten:

Ich bin l934 geboren und habe ich den 2. Weltkrieg sehr bewusst miterlebt. Ich erlebte die ersten Luftminenangriffe auf Berlin und

die Ausbombung, die Vermisstenmeldung für meinen Bruder und erinnere mich gut an das Hangen und Bangen, bis sein Tod etliche Jahre nach dem Krieg feststand. Ich erlebte als Bombenflüchtling in Thüringen die Kapitulation, die Verhaftung meines Vaters l948 und schließlich als l4jährige die Flucht in den Westen. Schließlich erlebte ich mich l954 in England als verfemte Angehörige eines Volks von Mördern. Der 2. Weltkrieg und seine negativen Folgen für mein Leben ließen in mir schon sehr früh tiefe Abscheu gegenüber jeglicher Gewaltanwendung entstehen. Niemals kann das kriegerische Handeln an sich etwas Gutes schaffen, immer bewirkt es Schäden im Leben Unschuldiger.

 

(1) Ist kriegerisches Töten unter bestimmten Bedingungen erlaubt?

In logischer Konsequenz meiner obigen Ausführungen kann meine Antwort nur uneingeschränkt "nein" sein. Warum?

Da ist das uralte Gebot "Du sollst nicht töten" (2.Mose 20,13)

Zugegeben, die Israeliten haben im Laufe ihrer Geschichte bis auf den heutigen Tag viel Blut fließen lassen, aber bei genauerem Hinsehen zeigt es sich, dass die Kriege im Alten Testament stets eine Folge ihres Ungehorsams gegenüber Gott und seinem Wort sind. Gott musste sozusagen Kriege zulassen, um seinen Heilsplan mit dem Volk Israel zu realisieren. Schon auf dem Weg von Ägypten ins Gelobte Land werden die Israeliten ermutigt:

Der Herr wird für euch streiten und ihr werdet stille sein. 2.Mose 14,14

Und als Petrus Jesus mit der Waffe verteidigt, sagt Jesus zu ihm:

Stecke dein Schwert an seinen Ort, wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen. Matthäus 26,52

Und in der Bergpredigt stellt Jesus Gottes Willen zum Thema Gewalt unmissverständlich fest:

Ich aber sage euch: Verzichtet auf Gegenwehr, wenn euch jemand  Böses tut! Mehr noch: Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann halte auch die linke hin. Matthäus 5,39

Dazu sollte man wissen, dass der Schlag auf die rechte Wange im Grunde nur eine Geste der Nichtachtung ist, keine körperliche Züchtigung (mit der rechten Hand auf die rechte Wange zu schlagen ist nicht möglich, man kann allenfalls mit dem Handrücken das Gegenüber zur Seite drängen). Das Hinhalten der anderen Wange bedeutet dann nichts anderes, als die Demütigung hinzunehmen, bis hin zum wirklichen Schlag.

 

(2) Kann Kriegführung aus moralischen Gründen gerechtfertigt sein?

Ein amerikanischer Oberbefehlshaber würde diese Frage vermutlich ohne zu zögern bejahen (vgl. das Eingreifen auf dem Balkan oder das Unternehmen "Wüstensturm" l991). Was aber stand wirklich hinter den hehren Zielen? Fürchtete man nicht in Kuwait um den Nachschub an Erdöl aus der Region?

Und was ist die Folge dieser "moralisch hochstehenden" Aktionen?

Minenverseuchte Gebiete, verstrahlte Soldaten, Flüchtlingselend, bis heute leidende Mütter und Kinder im Irak, sinnlos zerstörte Städte und Dörfer auf dem Balkan.

Nein, moralische Gründe können und dürfen nicht Rechtfertigung für kriegerische Handlungen sein. Den "gerechten" Krieg kann es nach christlichem Selbstverständnis nicht geben. Jesus trat der bewaffneten Tempelwache mit offenen Armen entgegen. Er kannte die Geschichte seines Volkes und wusste, dass Gott für ihn streiten würde.

Die Geschichte der Christenverfolgung hat es immer wieder bewiesen:

Die vermeintliche Ohnmacht der Märtyrer hat vielfältige Frucht getragen - ihre Gebete waren eine unschlagbare Waffe im Kampf gegen die antichristlichen Versuche, die in ihnen gegenwärtige Herrschaft Gottes auszuschalten. In unseren Tagen ist das Geschehen unter den Christen in China ein beredtes Zeugnis für diese "himmlische" Strategie.

Und damit komme ich zu einem entscheidenden Punkt: Ja, die aufrichtigen Jünger und Jüngerinnen Jesu befinden sich in einem permanenten "Kriegszustand". Sie werden angegriffen und gegebenenfalls verfolgt. Das ist ihnen jedoch von Jesus vorausgesagt worden (Matthäus 5,10 ff). Um in dieser geistlichen Auseinandersetzung zu bestehen, sind sie auf die Führung ihres Herrn angewiesen und da gilt heute noch "Der Herr wird für euch streiten".

Wir haben die unschlagbare Waffe des Gebets - trauen wir uns, sie wirklich einzusetzen?

 

(3) Kann die weltpolitische Entwicklung ein Kriegsgeschehen im Nachhinein rechtfertigen?

Zugegeben, die Entwicklung seit l945 ist verblüffend:

UNO-Menschenrechtskonvention, EU, weltweiter Trend zur Demokratisierung, Entstehung des Staates Israel, usw. Auf den ersten Blick hat die Menschheit aus ihren Fehlern gelernt und ist zumindest theoretisch gewillt, die Menschenrechte als Maßstab für ihr politisches Handeln zu akzeptieren.

Und dennoch - auf der Weltweiten Skala war kein Jahrhundert so blutig wie das zurückliegende. Wie viel Blut musste fließen, um einzusehen, dass das Ebenbild Gottes unantastbar ist und für alle verbindliche Rechte hat? Und wie lange wird diese Überzeugung andauern?

Ich denke, die Entwicklung seit l945 kann nicht einen Toten des 2. Weltkrieges (Holocaust einschließlich) rechtfertigen, wohl aber muss sich der Christ in Demut und Scham vor diesen Toten neigen und Gott für seine unermessliche Güte und Geduld danken. Der Gott Israels ist ein gnädiger und barmherziger Gott, der Auferstehung schenkt, wo die Menschheit nur Vernichtung und Tod als Mittel politischer Wahl kennt vorausgesetzt die Frevelnden erkennen ihr Unrecht und tun Buße, d.h. sie kehren um und sind bereit zu neuem Denken.

Dem Propheten Jesaja verdankt die Menschheit die herrliche Vision des Friedefürsten (Jesaja 9). Die ersten Christen erkannten in Jesus die Erfüllung dieser Vision und erwarteten den Anbruch der endgültigen Herrschaft des Friedefürsten, des Messias.

Seit Beginn der Menschheitsgeschichte haben wir versucht, den von uns Menschen selbst immer wieder zerstörten und gleichzeitig herbeigesehnten Frieden mit irdischen Waffen zu erkämpfen.

Vielleicht ist mit der heute so allgegenwärtigen Erkenntnis, dass Krieg niemals friedenstiftend sein kann, dem messianischen Geist Jesu ein wichtiger Durchbruch gelungen ist.

Auch wenn die akuten kriegerischen Auseinandersetzungen auf der Welt nicht gerade ermutigend sind - wir haben die Verheißungen im Alten und Neuen Testament, dass Christus unser Friede ist. Darum sollte jeder betende Christ den Mut haben, sich in Gedanken, Worten und Werken konsequent pazifistisch zu verhalten.

 

Anmerkung zum Thema: Menschliches Denken und Jesus aus der Bibel (Lk 9,51-55)

51 Es begab sich aber, als die Zeit erfüllt war, dass er hinweggenommen werden sollte, da wandte er sein Angesicht, stracks nach Jerusalem zu wandern.

52 Und er sandte Boten vor sich her; die gingen hin und kamen in ein Dorf der Samariter, ihm Herberge zu bereiten.

53 Und sie nahmen ihn nicht auf, weil er sein Angesicht gewandt hatte, nach Jerusalem zu wandern.

54 Als aber das seine Jünger Jakobus und Johannes sahen, sprachen sie: Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre.

55 Jesus aber wandte sich um und wies sie zurecht.

A) Die Versteile 55b und 56a finden sich erst in der späteren Überlieferung: »und sprach: Wißt ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Der Menschensohn ist nicht gekommen, das Leben der Menschen zu vernichten, sondern zu erhalten.«

 

zurück